Meine Erfahrungen bei der Haltung von Pferden mit Magenproblemen
Als ich vor 6 Jahren das erste Pferd mit Magengeschwüren in meiner Offenstallgruppe erlebt habe, musste auch ich meine bisherige Fütterungs- und Haltungsform neu überdenken. Die schulmedizinische Therapie konnte die akute Phase mit Magengeschwüren abfangen, aber die Herausforderung liegt tatsächlich in der nachhaltigen Stabilisierung der Pferde. Ein hilfreicher Punkt ist dabei immer zu erkennen, was eigentlich die Ursache für die Magenproblematik ist. Und das ist gar nicht so einfach herauszufinden!
Oft wird als Ursache Nummer 1 immer noch die Fütterung als einer der Hauptgründe aufgezählt. Aus meiner Erfahrung sehe ich inzwischen Stress als bedeutendsten Auslöser für Magengeschwüre und besonders Stress in Form von:
- Haltung durch zu viel Unruhe oder fehlende soziale Kontakte
- Unregelmäßiges, unpassendes oder zu intensives Training
- Schmerzen, die neben der Magenthematik eine ganz andere Ursache haben können (z.B im Bewegungapparat)
Die Gabe von Medikamenten wird leider immer wieder etwas vernachlässigt. Aus eigener Erfahrung, weiß ich inzwischen welche Tragweite bereits eine geringe Menge Schmerzmittel haben kann. Wir hatten zwei Jahre mit immer wiederkehrenden Koliken zu kämpfen, die durch die Gabe von Schmerzmittel entstanden sind. Auch für mich schwer zu verstehen, wie ein zuvor symptomfreies Pferd so eine intensive Magenproblematik entwickeln konnte.
Magengeschwüre in der traditionell Chinesischen Medizin » eine andere Sichtweise
In der Traditionell Chinesischen Medizin bezeichnet man ein Magengeschwür bzw. eine Gastritis als Magen Hitze. Das Therapieprinzip der TCM ist die Hitze aus dem Magen auszuleiten mit Akupunktur oder die gezielte Auswahl von Kräutern und Futtermitteln.
Erste typische Anzeichen einer Magen Hitze sind:
- Wiederkehrende Koliksymptome
- wählerische Futteraufnahme – Heu (neutrale Wirkung) und Gras (kühlend) wird meistens besser gefressen als Kraftfutter (Pellets und große Mengen Getreide bringen Hitze in den Magen)
- häufiges Lecken, Flehmen, Knirschen oder Gähnen
- übler Maulgeruch
- Leistungsabnahme und Bewegungsunlust
Die im chronischen Zustand kommt zu der Magen Hitze noch ein Flüssigkeitsmangel hinzu, der sich durch folgende Symptome deutlich macht:
- Gewichtsverlust bzw. schlechter Futterzustand
- glanzloses Fell
- wenig dunkler Urin und reduzierte Wasseraufnahme
- Verstopfungskoliken
Ein weiteres besonders auffallendes Anzeichen von Magengeschwüren zeigt sich am Zahnfleisch des Pferdes. Um die Zähne wirkt das Zahnfleisch aufgequollen und weist eine rote bis bläuliche Verfärbung auf.
1. Der Magen liebt es warm
Dieser Spruch kommt aus der traditionell Chinesischen Medizin und beschreibt das Thema sehr gut. Häufig erleben wir eine Stabilisierung der Magenprobleme über den Sommer und sobald im Herbst die Temperaturen sinken, treten wieder erste Symptome bei den Pferden auf. Ein essentieller Punkt ist oft die Wasseraufnahme. Im chronischen Stadium trinken Pferden mit Magengeschwüren zu wenig und kaltes Wasser wird besonders ungern getrunken. Gleichzeitig wird das Gras weniger und die Umstellung zu Heu erfordert zusätzlich mehr Flüssigkeitsaufnahme. Eine schnelle Abhilfe schafft die Gabe von warmen Wasser, besonders bei frostigen Temperaturen lässt sich damit die Situation schnell verbessern. Das hat sich vor allem bei Pferden mit Verstopfungskoliken sehr bewährt!
Bei Pferden mit starker Kälteempfindlichkeit empfehle ich auf jeden Fall das Eindecken. Zum einen trinken frierende Pferde weniger und zum anderen führt die Kälte auch zu Verspannungen im gesamten Körper. Durch das Eindecken fühlen sich diese Pferde fühlbare wohler. Wer sich unsicher in der Auswahl der passenden Deckenfüllung für sein Pferd ist, empfehle ich anfangs zu schauen ob die Kruppenmuskulatur warm unter der Decke ist. Es gibt durchaus Pferde, die trotz Winterfell eine starke Fütterung benötigen. Verlasst euch daher nicht auf standard Angaben der Deckenhersteller!
Womit ich durchschlagende Erfolge bei stark verfrorenen Pferden in Kombination mit Magengeschwüren erzielt habe, ist das Moxen. Eine Therapieform aus der TCM, die Kälte vertreibt und Wärme in den Körper bringt. Dabei werden Akupukturpunkte mit einer Zigarre aus brennendem Beifußkraut stimuliert. Am besten lasst ihr euch passende Punkte für euer Pferd von einem Therapeuten zeigen und moxt dann mehrmals die Woche über den Winter hindurch. Eine tolle Alternative bieten auch wärmende Moorpads als Wärmetherapie!
2. Fütterung bei Magenproblemen
Inzwischen ist es allgemein bekannt, dass Pferde keine Fütterungspausen über 4 Stunden haben sollten. Allerdings sehe ich die ad libitum Heufütterung zunehmend kritisch, weil die aufgenommenen Futtermenge den Bedarf vieler Pferde erheblich überschreitet. Immer mehr Pferde zeigen Anzeichen von Stoffwechselproblemen und eine Überfütterung mit Raufutter kann bei Magenproblemen Verstopfungskoliken begünstigen.
Ich finde es richtig, dass Pferde 24h Zugang zu Rohfaser in Form von Heu, Stroh oder Ästen haben. Allerdings sollte man dabei immer den Bedarf des Pferdes im Blick haben und mit dem Einsatz von Heunetzen oder Slowfeedern lässt sich eine permanente und langsame Futteraufnahme realisieren.
Als besonders kritisch gilt die Fütterung von Kraftfutter, dazu zählen für mich Pellets in jeder Form (da sie Hitze in den Magen bringen) und die Gabe großer Mengen an Getreide. Obwohl es Getreidearten gibt, die einen durchaus positiven Effekt auf den Magen haben wie z.B. der Hafer. Allerdings sprechen wir hier dann von therapeutischen Mengen.
Sehr gute Erfahrungen habe ich mit selbst gemachten Mash gemacht. Das füttere ich in den kritischen Phasen einmal täglich. Mein Rezept besteht aus 80 bis 100g Goldleinsamen, die ich 12h in Wasser quellen lasse. Dann mische ich 50g Weizenkleie und eine Hand Haferflocken unter und gieße etwas kochendes Wasser dazu. Nach 10 Minuten Quellzeit füttere ich das Mash warm. Besonders die Weizenkleie hat bei meinen Pferde super gut angeschlagen, dass ich sogar bei akuten Anzeichen innerhalb kurzer Zeit gleich eine Besserung zeigt und die Pferde wieder zu Fressen beginnen.
Futtermittel | TCM Wirkung | Anwendung |
Leinsamen | Befeuchtet den Darm, eliminiert Hitze und tonisiert das Qi | Verstopfung, Magenschmerzen, Magengeschwüren, Darmflorastörungen |
Weizenkleie | Reguliert Stuhlgang und stärkt die Mitte | Träge Verdauung bis hin zur Verstopfung |
Haferflocken | Tonisiert Yin & Qi und beruhigt den Geist | Magenschleimhautreizung, Abmagerung, Erschöpfung, Nervosität |
3. Kräuter
Für mich gehören Kräuter zu einer ausgewogenen Pferdefütterung dazu, auch bei gesunden Pferden! Unser Heu hat durch die intensive Landwirtschaft und klimatische Faktoren deutlich an Kräutervielfalt verloren. Eine gezielte Auswahl an Kräutern stabilisiert Pferde mit Magengeschwüren. Dafür ist eine langfristige Fütterung der Kräuter zu empfehlen, um wirklich nachhaltig eine Wirkung zu erzielen.
Es gibt inzwischen zahlreiche Kräutermischung für Pferde im Handel. Ich bevorzuge eine gezielte Auswahl an Einzelkräutern, jeweils passen für die Konstitution des Pferdes zusammen zu stellen. Dann biete ich dem Pferd die Kräuter zunächst einzeln aus der Hand an ob es angenommen wird. Nur wenn Pferde die Kräuter pur fressen, ist es auch das passende Kraut! Mir fällt immer wieder auf, dass manche Mischungen Kräuter enthalten, die ich bei Magenproblemen eher nicht empfehlen kann. Vorsicht mit Kräutern die Hitze im Magen fördern, hierzu gehören zum Beispiel Fenchel, Zimt, Meerrettich und Ingwer.
Kräuter, die ich bei Magenproblemen gerne einsetze sind Malve, Melisse, Kamille, Löwenzahn und Ringelblume. Davon gebe ich eine Mischung aus 50g dem Futter bei und gieße etwas kochendes Wasser darüber.
Kräuter | TCM Wirkung | Anwendung |
Malve | Elimiert Hitze und befeuchtet | Stärkt die Magenschleimhaut und unterstütz die Atemwege |
Melisse | Elimiert Hitze und befeuchtet | Stärkt die Magenschleimhaut und Nerven |
Kamille | Elimiert Hitze und leitet Toxine aus, befeuchtet und nährt | stärkt die Magenschleimhaut, Nerven & Immunsystem |
Löwenzahn | Eliminiert Hitze und reguliert das Magen Qi | Magengeschwüre, Magenschmerzen |
Ringelblume | Eliminiert Hitze und tonisiert das Qi | Stärkt Magenschleimhaut, Durchfall, Appetitlosigkeit, Erschöpfung |
Isländisch Moos | tonisiert Magen-Yin, reguliert das Magen Qi | Verstopfung und geringer Wasseraufnahme, unterstützt die Schleimhaut von Verdauung und Atemwegen |
Anis | Reguliert das Magen Qi | Magenprobleme in Kombination mit Kotwasser/Durchfall |
Bockshornklee | Tonisiert das Yang, befeuchtet, nährt und wärmt | Magenprobleme in Kombination mit Kältegefühl und Durchfall bzw. Kotwasser |
Was tun im Akutfall mit Kolikanzeichen?
Ich empfehle jedem, der sich unsicher ist immer direkt einen Tierarzt zu Rate zu ziehen. Ich hatte zu Beginn auch immer einen Tierarzt zur Hand, mit der Erfahrung habe ich meine Vorgehensweise etwas angepasst. Das setzt natürlich voraus, dass man sein Pferd gut einschätzen kann und in der Lage ist, die Situation richtig einzuschätzen. Ist der Kreislauf stabil? Wie stark sind die Schmerzen?
Als erstes gebe ich Colosan und setze dann mein Mash an. Dann laufe ich mit dem Pferd 15 Minuten Schritt und füttere das Mash. Wenn sich nach spätestens 30 Minuten keine Besserung bzw. vollständiges Abklingen der Symptome einstellt, rufe ich spätestens den Tierarzt!